Bildungspolitik

Besser spät als nie: SPD Antwort zum Blogkarneval Bildungspolitik

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Deutschland hat gewählt Von: Parteivorstand der SPD <parteivorstand@spd.de>

Gesendet: Dienstag, 13. Juli 2010 18:14

An: Sabine Siemsen

Betreff: RE: Bitte an die Bildungspolitischen Sprecher oder die Arbeitskreise für Bildungspolitik weiterleiten – Danke

Anlagen: 6_1235_Beschluss_Arbeitsmarkt_100315.pdf; 6_956_Aufstieg_durch_Bildung_080901.pdf

Sehr geehrte Frau Siemsen,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die uns am 14.05.2010 erreicht hat.

Verzeihen Sie bitte, dass wir Ihre mail erst heute beantworten. Wegen vieler E-Mails konnten wir Ihre Mail leider nicht schneller beantworten. Wir bitten um Nachsicht!

Wir teilen Ihre Auffassung, dass der zweite und dritte Bildungsweg gesellschaftlich aufgewertet werden muss, und bestärken Sie in Ihrem Engagement dafür.

Die SPD hat in ihrem umfangreichen Vorstandsbeschluss "Aufstieg durch Bildung – Chancengleichheit und wirtschaftlicher Wohlstand" ihre Vorstellungen für ein leistungsstarkes, sozial gerechtes und durchlässiges Bildungssystem dargelegt. Auch der aktuelle Präsidiumsbeschluss "Fairness auf dem Arbeitsmarkt" vom vergangenen März stellt aktuelle SPD-Positionen zur Weiterbildung und Weiterbildungsförderung dar. Ich habe Ihnen beide Papiere angehängt.

Hier die Antworten auf Ihre Fragen:

* Wie ist die Position Ihrer Partei zur Förderung des Zweiten und Dritten Bildungswegs?

Der Weiterbildung kommt für die SPD eine doppelte Schlüsselrolle zu. Nur mit ihrem Ausbau wird es gelingen, jeder und jedem Einzelnen die Möglichkeit zu sichern, Qualifikationen und Kompetenzen durch Lebenslanges Lernen kontinuierlich zu erhalten, zu erneuern und auszubauen. Davon profitieren vor allem auch die Unternehmen, die mit differenzierten und maßgeschneiderten Qualifizierungsangeboten flexibel auf Anforderungen von Markt, Betrieb und Technik reagieren können. Ohne eine systematische Weiterbildung ist die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen über die gesamte Erwerbsbiographie hinaus nicht zu sichern. Unser Ziel ist es, die Beteiligung an der formalisierten Weiterbildung bis 2015 auf 60 Prozent zu erhöhen (2007: 43 Prozent). Die SPD wird insbesondere die Maßnahmen zur Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung von Geringqualifizierten ausweiten. Jeder und jede soll die zweite oder dritte Bildungschance ohne Hindernisse nutzen können.

Konkret bedeutet das:

• Die SPD will ein Erwachsenenbildungsfördergesetz einführen und die Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen sowie die Leistungen des Staates zusammenführen. Die rechtliche Zersplitterung der Weiterbildung soll damit überwunden werden. Ein großer Teil der beruflichen Qualifikation und Weiterbildung in den Betrieben wird heute von den Unternehmen finanziert. Das muss auch so bleiben. Öffentliche Förderung und gesetzliche Regelungen müssen deshalb dort anknüpfen, wo es nicht um originär von Unternehmen wahrgenommene Aufgaben beruflicher Qualifikation geht. Deshalb macht es Sinn, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu fördern, die keine berufliche Qualifikation haben und die in ihrem Unternehmen einen Berufsabschluss in der Tätigkeit erwerben wollen, die sie im Unternehmen verrichten. Eine solche Qualifikation muss auch unterstützt werden, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht in dem Beruf, den sie einst gelernt haben, tätig sind und nun einen

Berufsabschluss in dem ausgeübten Beruf anstreben. Und wo Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jahrelang berufstätig waren, sich das Berufsbild aber geändert hat, muss eine Anpassungsqualifizierung auf das heutige Niveau der beruflichen Ausbildung angeboten werden. Die Erfahrungen, die gerade während der Krise mit den schon bestehenden öffentlichen Programmen gemacht wurden, sind ermutigend und zeigen, dass das genau der richtige Weg ist. Die Arbeitszeitkonten sind als ein betriebliches Instrument zu Weiterbildungsförderung weiterzuentwickeln

• Wir wollen eine Kultur der „Zweiten Chance“ voranbringen. Jeder Schulabgänger und jede Schulabgängerin ohne Abschluss soll das Recht erhalten, einen grundlegenden Schulabschluss gefördert durch die Bundesagentur für Arbeit nachzuholen.

Darüber hinaus wollen wir die Möglichkeiten für einen nachholenden Berufsabschluss verbessern. Wir lassen niemanden zurück.

• Wir wollen die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln. Sie soll nicht erst dann Leistungen erbringen, wenn der Risikofall eingetreten ist. Das Ziel ist die Risiken einer Erwerbsbiographie besser abzusichern und die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. In der Arbeitsversicherung spielt die Förderung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens eine Schlüsselrolle. Dazu müssen neue Instrumente für eine möglichst umfassende Weiterbildungsbeteiligung der Unternehmen und der Beschäftigten und neue Finanzierungsformen entwickelt werden.

* Wie stehen Sie zur "Altersbarriere", also dazu, Ü30 auch den Weg zu Bafög und Stipendien zu öffnen – auch für Masterstudiengänge?

Die SPD setzt sich dezidiert dafür ein, die Altersgrenzen im BAföG zu erhöhen. In einem aktuellen Antrag fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Anhebung der Altersgrenzen im BAföG allgemein auf 35 Jahre sowie für die Förderung eines Masterstudiums auf 40 Jahre. Die bisherige Altersgrenze ist angesichts der veränderten Bildungsbiographien, die immer weniger von einer linearen und unterbrechungsfreien Bildungskarriere von der Schule bis zum Hochschulabschluss geprägt sind, sondern zunehmend individuelle Bildungswege und Unterbrechungen etwa durch eine Erwerbstätigkeit aufweisen, nicht mehr zeitgemäß. Diese Maßnahme ist ein Einstieg in eine umfassende Bildungsförderung, die weitere Lebensphasen und Qualifizierungsbedarfe umfasst. Gerade mit Blick auf die bessere Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung, der Pflege von Angehörigen, dem sozial erwünschten gesellschaftlichen Engagement oder den notwendigen Ausbau der akademischen Fort- und Weiterbildung sind Teilzeitbildungsangebo

te sinnvoll und ist ihre Zunahme zu erwarten. Sie sind daher förderungsrechtlich zu berücksichtigen. Bildungspolitisches Ziel der SPD-Fraktion ist es, anstatt der Einführung des höchst selektiven Stipendienangebots des Bundes 100 000 Studierende mehr als bisher mit BAföG zu fördern.

* Welche Maßnahmen könnten Ihrer Ansicht nach die Akzeptanz des Zweiten Bildungswegs auch für Menschen Ü30 in der Bevölkerung stärken?

Nach intensiver Diskussion hat das „Forum Bildung“ der SPD in seinen Eckpunkten für ein sozial gerechtes und leistungsfähiges Bildungssystem festgehalten:

„Beschäftigungsfähigkeit ein ganzes Berufsleben hindurch, Bildungsfähigkeit und Bildungsteilhabe als Kernelemente einer erfüllten persönlichen und gesellschaftlichen Lebensführung setzen Weiterbildungsfähigkeit voraus. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Mindestqualifizierung. Das Prinzip der zweiten Chance steht für ein offenes Bildungssystem. Zur Grundsicherung von Bildung gehört das Recht auf Förderung für einen Schul- und einen Berufsabschluss als Basisbildung.“ „Für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes ist die Weiterbildung ebenso bedeutend wie für die Entfaltung der individuellen Lebenschancen. Sie muss deshalb zur 4. Säule unseres Bildungssystems ausgebaut werden. Wichtigste Aufgabe ist dabei die Eröffnung von breiten Weiterbildungswegen und die Entwicklung eines Weiterbildungssystems unter besonderer Einbeziehung der Hochschulen. Dadurch können vor allem Aus- und Weiterbildung besser verzahnt werden.“ „Wir brauchen vielfältige Bildungswege in einem

offenen System. Diesem Ziel muss auch der Zugang zu Universitäten und Fachhochschulen angepasst werden. Alle Bildungswege, die der allgemein bildenden Schulen und die der berufsbildenden Schulen gleichermaßen, sollen Anschlüsse für weiterführende Bildungswege bieten – bis hin zur Fachhochschulreife und zur allgemeinen Hochschulreife. Der Zugang zu Fachhochschulen und Universitäten auf der Grundlage einer abgeschlossenen Berufsbildung soll grundsätzlich geöffnet werden. Menschen mit besonderer beruflicher Qualifikation sollen mittelfristig die Möglichkeit bekommen, ein Studium ohne weitere Zugangshürden aufzunehmen.“

Freundliche Grüße

Maike Rocker

SPD Parteivorstand

Direktkommunikation

Tel.: 030 25 991-500

FAX: 030 25 991-410

mailto: parteivorstand@spd.de

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