Erfolgsgeschichten

Bildungsbiographie

Hier meine Lern-Biographie:

1976 habe ich wegen einer Lehrstelle eine Gesamtschule mit Hauptschulabschluss bei Realschultendenz verlassen. Karriereaussichten und -interessen hatte ich dort nicht, so waren meine Weiterbildungsanstrengungen ganz auf persönliche Ziele ausgerichtet. Ich habe immer viel gelesen, mein Englisch gepflegt, gelegentlich einen  Sprachurlaub gemacht, irgendwann mal an der VHS Französisch gelernt, welcher Kurs aber mangels Teilnehmerzahl eingestellt wurde.

Mit der Zeit kam ich so langsam zu der Erkenntnis, dass offizielle Abschlüsse doch sehr viel mehr bedeuten als nur ein Stück Papier, dass bei meiner autodidaktischen Bildung Grundlagen und echte Perspektiven fehlen. So habe ich mich entschlossen, im Alter von 40 noch mal mit dem Abitur zu beginnen um danach Geschichte studieren zu können. Vor dem Beginn stellte ich mir als motivierendes Fernziel das zukünftige Studienprogramm an der Fernuni zusammen, mit Hauptfach Geschichte und den Nebenfächern Politk und Literatur. Der einzige mögliche Weg für mich war ein Fernstudium, die freie Zeiteinteilung, Wahl des Ortes, überhaupt das völllig selbstbestimmte Lernen empfand ich als geradezu ideal. Nach viereinhalb Jahren mit vielem Lernen nach einem harten Arbeitstag hatte ich dann mein Externen-Abitur mit 2,4 in der Tasche. Keine schlechte Leistung bei 8 Prüfungsfächern, Prüfern, die man vorher nie gesehen hat und einer Durchfallquote von mehr als 50%.

Leider gab es inzwischen den Bologna-Prozess und an der Fernuni als Teil-historischen Studiengang nur noch die Kulturwissenschaften. Da mich vor allem die politische Geschichte und das Funktionieren von Herrschaft und Gesellschaft interessiert hatten, da Politik sowieso mindestens Nebenfach gewesen wäre, entschied ich mich für den Bachelor Poltik.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Studiengang, der mir hochinteressante Perspektiven eröffnete.  Inzwischen habe ich einen Einstieg in die politische Bildung gefunden und stehe  zwei Module und eine Abschlussarbeit vor meinem ersten akademischen Grad. Wenn ich meinen bisherigen Notenschnitt halbwegs bei den restlichen Prüfungen halten kann, werde ich ein Bachelor mit der Berechtigung zum Masterstudium sein. Ja, und dass ist mein nächstes Ziel: der Master-Studiengang „Europäische Moderne“ mit historischer Schwerpunktbildung. Nur werde ich einen Gang zurückschalten, nicht mehr 3 Module in zwei Semestern abhaken, sondern ganz in Teilzeit diesen Abschluss anstreben.

Ich bin auch mit der interdisziplären Ausrichtung des Bachelor-Studiengangs sehr zufrieden, allerdings halte ich ihn für etwas kurz geraten. Es gibt ein paar Sachen, die für mich bei meinem Erkenntisinteresse zum Studium dazugehören und die ich für mein letztes Semester dazu belegt habe und nach der letzten Prüfung dann freiwillig ohne Prüfungsleistung studieren werde, u.a. ein historischer Kurs „Nationalsozialismus“ in der Länge eines ganzen Moduls. Mich hatte schon immer interessiert, wie dieses System überhaupt funktionieren konnte, außerdem passt es zu der Tätigkeit in der politischen Bildung, die ich inzwischen mache, auch zu meinem Interesse, wissenschaftlich begründet darüber schreiben zu können. Dazu habe ich noch ein paar literaturwissenschafltiche Kurse aus dem Gebiet „Autorenwerkstatt“. Und wenn ich das dann durch habe und eine angemessene Lernpause gemacht habe, geht’s weiter mit dem Master.

Das ich danach noch nicht mit Lernen fertig bin, versteht sich von selbst. Ich glaube ans Lebenslange lernen.

3 Kommentare

  • Sabine

    Guten Morgen und vielen Dank für die erste persönliche Lernbiografie unserer Community!
    Ich stelle doch viele Gemeinsamkeiten fest 🙂 das Abitur mit über 40 als Externenabi und das nicht mehr lassen können vom Lernen und die selbstverständliche Weiterführung des Bachelors mit dem Master.

    Bemerkens- und erwähnenswert finde ich, Deinen Einstieg ins Abi mit dem motivierenden Fernplan! Eine gute Idee und es ist immer hilfreich, ein konkretes Ziel zu haben, all Pull-Faktor, vor allem in Zeiten wo es hart wird und man sich sonst vielleicht fragt: »wozu das alles?«

    Was mich noch interessiert: Du hast das Studium bisher wenn ich es richtig verstehe als Vollzeitstudium durchgezogen? Wie hast Du das finanziell gemacht – hast Du Bafög oder ein Stipendium bekommen? Warst Du noch berufstätig?
    Zweitens würde ich sehr gerne noch mehr über Dein Fernabitur hören – ruhig auch mehrere Berichte. Ich möchte hier ja langfristig vor allem auch Menschen, die noch nicht »dabei« sind, motivieren den Weg zu wagen. Und sind Berichte darüber, wie Du Dich organisiert hast, wie man wieder lernt zu lernen, Beruf und Lernen verbinden kann, das ganze mit Privatleben (Freunde und Familie die kürzer treten müssen etc.) verbindet.

    Ich freue mich schon auf weitere Geschichten und bin gespannt!

    Ach ja, eines noch: Hast Du konkrete Berufs- oder Karrierepläne mit dem Bachelor? Mit dem Master?

  • Markus Jung (Fernstudium-Infos.de)

    Vielen Dank für diesen interessanten Bericht. Ich finde auch besonders die langfristige Zielstrebigkeit bemerkenswert – über viele Jahre das Ziel immer vor Augen behalten und darauf hingearbeitet. Glückwunsch zu dieser Leistung und weiterhin viel Erfolg im Fernstudium.

  • Volkmar

    Ja, alle Fernschüler wissen: Motivation ist alles. Und zur Not Interesse schaffen. Man lernt, was einem interessiert. Darum frage ich meinen Nachhilfeschüler: „Warum kennst Du die Aufstellung im Fussballländerspiel von 19 – batsch, aber kannst Dir nicht die Personalpronomen merken?“ 🙂 Interesse ist der Schlüssel.

    Ich bin Teilzeitler und habe ab dem vierten Semester immer zwei Module belegt und manchmal zwei Prüfungen geschafft. Bafög oder so spielt bei mir keine Rolle. Auch habe ich die letzten Jahre genug Zeit für’s Studium gehabt. Das war kein Problem mehr.

    Das Abitur musste ich schon besser organisieren. Für Fächer wie Deutsch, Geschichte, Englisch habe ich fast nichts gemacht, da habe ich meine Selbst-Vorbildung kollossal gemerkt. Ich habe da wirklich nur die Studienbriefe durchgelesen und dann die Hausaufgaben eingeschickt. Es war aber eine gute Übung für die Prüfung, nämlich einen Text auf eine bestimmte Aufgabenstellung hin zielgerichtet bearbeiten.
    Das meiste war für mich Mathematik (Grundkurs schriftlich), Latein und Biologie (beides mündlich). Latein war viel Arbeit, aber für mich noch interessant. Mathematik und Biologie (=wegen der Biochemie) brauchte starke Motivationshilfe und war für mich ziemlich neu. Ich habe ständig beobachtet, wieviel Prozent jedes Fach etwa von der Gesamtzeit braucht und danach einen Stundenplan für 15 Stunden Arbeitszeit aufgestellt. Das habe ich fast nie genau einhalten können, aber als Leitlinie ging das schon.
    Vor allem habe ich die Ratschläge der Sgd genau gelesen und beherzigt (=Seminar, Probeprüfung, Hausarbeiten einschicken, usw.). Bei der Prüfung habe ich eine Menge Leute gesehen, die das nicht gemacht haben und alles besser wussten. Das war sicherlich ein Durchfallgrund. Es gibt eben keine Schule, die vorher aussiebt, die Fernschulen sind laut Vertrag verpflichtet, jeden, der darauf besteht, auch zur Prüfung anzumelden. Sie sichern sich dann ab und empfehlen, nicht zur Prüfung anzutreten und denken sich ihren Teil.
    Wer aber stetig dran bleibt, den Blick für’s Wesentliche entwickelt, das wichtige lernt, auch mal Mut zur Lücke hat und sich nirgendswo festbeißt, der kann es durchaus auch in einer Fernschule schaffen.

    Bei der Fernuni habe ich mit einer eingespielten Methode begonnen. Allerdings brauche ich keinen Stundenplan mehr. Ich mache sowieso was ich kann, interessiere mich für alles, habe immer überschaubares vor (einen Kurs, bestimmte Lektüre, usw.), nur ganz selten ein To-do-Liste für den Überblick oder um wichtiges nicht zu vergessen (=z.b. organisatorisches).

    Mit dem Privatleben klarzukommen ist natürlich elementar. Man muss sehen, wieviel Zeit übrig bleibt und auch was streichen können. Ruhig mal bestimmt irgendwas (=z.B. einen Posten im Verein) mit dem Verweis auf die Weiterbildung ablehnen.
    Meine Freundin war und ist eine riesige Hilfe, weil sie voll dahinter steht. Bei Ihrer Familie habe ich das gegenteilige Problem – ein eher bildungsfeindliches Milieu, bei denen nur gilt, was auf kurze Sicht Geld bringt (=Abitur mit 40 – was soll dass dann? Studium mit 45 – Ach Du meine Güte?!). Da muss man dann einfach Gleichgültigkeit entwickeln. Sie wissen es halt nicht besser, ich diskutiere da auch nicht.

    Ich hoffe, ich konnte informieren und motivieren 🙂

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