Neugierde, Lernmotivation und soziale Unterstützung
Was du bist hängt von drei Faktoren ab: Was du geerbt hast, was deine Umgebung aus dir machte und was du in freier Wahl aus deiner Umgebung und deinem Erbe gemacht hast. (Aldous Huxley)
Dieses Zitat sprang mir eben ins Auge und nachdem gestern über einen Kommentar genau diese Aspekte disktutiert wurden, möchte ich diesen Zusammenhang mit einem neuen Artikel »nach oben« holen.
Meiner Ansicht nach fehlt in dem Zitat ein vierter Faktor, der zwischen Nummer zwei und drei gehört: Wer Dich als Erwachsener zu Neugierde, Mut und Änderungen der Umstände ermutigt hat.
Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Ohne den »Tritt in den Hintern«, der bei mir die Ermutigung und das Zutrauen war, an mir arbeiten zu können und nochmal etwas ganz Neues zu beginnen, wäre es bei der vagen Idee geblieben, dass es vielleicht noch mehr geben könnte, als nur arbeiten zu gehen, um zu überleben.
Beim größten Teil meines damaligen Umfeldes erntete ich mit dem Entschluss, mit 37 noch damit zu beginnen mein Abitur nachzuholen (und später sogar noch ein Studium anzufangen, statt wieder brav in den alten Trott zu rutschen …) auf Reaktionen die zwischen Unverständnis (bestenfalls) und Kritik und Abwertung (Midlifecrisis) lagen. Und es ist verdammt schwer, ganz alleine gegen solche Mauern anzulaufen und dann nicht, spätestens bei den ersten kleinen Míßerfolgen, das Vorhaben als Ganzes in Frage zu stellen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass bei den meisten Menschen, die, mit sagen wir mal ca. 30, nicht auf der Höhe ihrer persönlichen Entwicklung stehen, ein Wunsch (zumindest ganz tief im Inneren) mal auftaucht: Ich würde so gerne nochmal etwas Neues machen. Dann die Kritik: Hätte ich doch damals mein Abitur gemacht, mein Studium zu Ende gebracht, ein Studium gewagt … . Und schließlich der Zweifel: Geht das jetzt überhaupt noch? Ist der Zug abgefahren?
Und ob nun aus diesem Zweifel der Entschluss wird, etwas Neues zu wagen oder die Resignation es gar nicht zu versuchen, das hängt vom Selbstvertrauen ab und vor allem davon, ob es jemanden gibt, der an dieser Stelle sagt: Klar schaffst Du das. Wir unterstützen Dich. Versuch es wenigstens.
Und meiner Theorie nach ist an dieser Stelle dann meisten Schluss. Es mag hart klingen, aber wenn wir ehrlich sind, dann befinden wir uns doch zu diesem Zeitpunkt meist noch in genau dem Umfeld, das erfolgreich mit dazu geführt hat, dass wir es uns in unseren Zweifeln, unserer Unzufriedenheit und den »aktuellen Umständen« (ist nun mal so …) eigentlich »ganz bequem« gemacht haben. Und um diese scheinbare Komfortzone zu verlassen, bedarf es eines Anstosses (das kann die eigene Unzufriedenheit schon sein) und gezielter Ermutigiung und Unterstützung (das können Institutionen, Freunde, gezieltes Coaching und Training des Selbstbewußtseins UND/ODER so eine Community wie die unsere sein).
Bleibt die Frage, wie kommt das Pferd zur Tränke 🙂 – sprich, wie erreichen wir die Menschen, die gerne würden und sich nicht trauen. Dazu bin ich auf Eure Unterstützung, Mund-zu-Mund-Propaganda und Empfehlungen angewiesen. Wir brauchen Öffentlichkeit für dieses Thema – je mehr und je schneller, desto besser für all diejenigen, die in den Startlöchern stehen und es vielleicht noch gar nicht wissen. Oder sich nicht trauen. Oder festgehalten werden.
2 Kommentare
Johannes
Das Sich-Trauen, den ersten Schritt aus einer scheinbar gesicherten Umgebung herauszutreten, ist etwas Grosses. Die Möglichkeit des Scheiterns ist bmitinbegriffen. Allerdings: die oftmals negativen Reaktionen der Umwelt sollten wohlwollend zur Kenntnis genommen werden, nicht mehr. Etwas Sicheres aufzugeben, stösst in aller Regel auf Unverständnis. Mir ist das nicht bfremd. Doch sehe ich gerade jetzt: das Ziel ist nahe. Ich sehe jetzt Perspektiven, die vor etwa einem Jahr noch völlig undenkbar waren.
Sabine
Hallo Johannes,
ja klar, jede Veränderung birgt auch Risiken – aber mindestens genauso viele Chancen. Wie Du sagst, man bekommt Perspektiven dadurch.
Mit dem Wohlwollen, da kann und will ich Dir allerdings nicht zustimmen. Man muss nicht auf alles, was man nicht versteht, negativ und blockierend reagieren. Nicht Verstehen kann auch eine Herausforderung zum Nachdenken sein. Und wer das nicht will oder kann, soll dann zumindest akzeptieren, dass nicht jeder so eingefahren (ich könnte auch sagen borniert) ist und etwas erhaltenswert findet, nur weil es immer schon so war …
Und darin sehe ich eines der Ziele dieser Community: Es muss in den Köpfen der Bevölkerung ankommen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man zwischen 15 und 20 »ausgelernt« hat und es sich in der Sicherheit eines einmal unterschriebenen Berufsvertrags bis zur Rente gemütlich machen kann. Und das finde ich, ehrlich gesagt, auch gut.
Und auch mit dem Märchen, dass man zu alt sein könne zum Lernen, muss aufgeräumt werden – aber das wird schwer, denn das ist auch eine bequeme Ausrede, es gar nicht zu versuchen.
Und ich glaube, dass ein großer Teil der negativen Reaktionen nichts anderes ist als Neid und Angst. Denn wenn man zugeben würde, dass es gut und richtig und mutig ist, dann müsste man sich ja fragen, warum man es selber nicht auch versucht. Und es am Ende sogar tun…. auweh 😉