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Motivation pur: Wiederholung der Erfolgs-Biografien – Teil III

Quelle: lichtkunst.73  / pixelio.de
Quelle: lichtkunst.73 / pixelio.de

 

Tja … es scheint sich eher auf 14-tägig einzupendeln – aber ich habe Euch nicht vergessen:

Viel Spaß nun mit einer wie ich finde hochmotivierenden Bildungsbiografie:

A. weiblich: »Mein Weg zur Uni war lang … «

…und mit vielen Hürden und Schwierigkeiten verbunden. Umso glücklicher bin ich, dass ich nie aufgegeben habe!

Ich komme aus einer sog. „bildungsfernen“ Familie, ein echtes Arbeiterkind: Mein Vater hatte keinen Beruf erlernt und war Hilfsarbeiter und meine Mutter, ebenfalls ohne Berufsausbildung, besserte hin und wieder als Putzfrau die Haushaltskasse auf. Die anspruchsvollste Literatur, die sich meine Eltern zu Gemüte führten, war die Bildzeitung. Schon als Schulkind hatte ich so ein Gefühl in mir, das mir sagte, irgendwie ist das nicht so, wie ich später mal sein will. Zeitweise hatte ich sogar die Befürchtung, dass die mich im Krankenhaus verwechselt haben müssen 🙂 Ich war anders und fühlte anders als meine Familie. Ich war sehr wissbegierig, habe mir in der Grundschulbücherei Was-ist-Was-Bücher ausgeliehen, habe in Wartezimmern bei Ärzten Zeitschriften verschlungen, habe mir zu jedem Geburtstag, Weihnachten, Ostern etc. immer Bücher gewünscht und habe sie z. T. in einer einzigen Nacht im Bett gelesen.

Am Ende der 4. Klasse bekam ich aufgrund einer Testung die Empfehlung für das Gymnasium, was mich wahnsinnig stolz gemacht hat. Ich zählte nämlich jetzt zu den „Gescheiten“. Meine Eltern haben mich aber trotzdem auf die Hauptschule geschickt und begründeten dies mit Sätzen wie: „Zum Kinderkriegen brauchst du kein Abitur.“ oder „Die wo auf die Schule gehen oder auf ’ne Uni sind nur Faulenzer, die nix arbeiten wollen“ oder „Abi schaffst du sowieso nicht, das hat keiner von uns“ oder „Die auf der Schule rumhängen liegen ihren Eltern nur auf der Tasche“.

Um meine Eltern nicht zu enttäuschen (genau das habe ich gedacht!) bin ich dann halt auf die Hauptschule und habe echte Bildungsbegrenzung kennengelernt – was mir aber erst später bewusst wurde. Ich habe mich unbewusst dem Milieu der Hauptschule angepasst und nur durchschnittliche Noten erreicht, hatte Freunde, die ebenfalls aus bildungsfernen Familien kamen und wollte dann nach Abschluss der 9. Klasse irgendwie mit irgendwas Geld verdienen. Da ich keinen Ausbildungsplatz gefunden habe – mit nur mittelmäßigem Hauptschulabschluss auch zur damaligen Zeit schon ein Problem – durfte ich auf die Berufsfachschule für Wirtschaft. Aber nur solange bis ein Ausbildungsplatz in Sicht ist, hieß es, und dann sollte ich die Schule abbrechen. Zum Glück habe ich nichts gefunden :-).

Dann kam ich an einen besonders kritischen Punkt in meinem Leben, der mein Lernverhalten und meine Lernmotivation für immer verändern sollte:

Ich musste mich mit 16 Jahren einer größeren Operation unterziehen und konnte viele Wochen nicht zur Schule. Ich habe sehr viel Stoff verpasst, habe nach meiner Rückkehr nur noch Vierer und Fünfer geschrieben in Fächern, in denen ich vorher auf Eins stand. Es war das letzte Halbjahr vor der Mittleren-Reife-Prüfung. Mir drohte Abbruch oder Durchfallen. Klassenkameraden versorgten mich zwar mit Papierkram und erklärten mir ein paar Sachen, aber meistens hatten sie keine Lust auf längere Sitzungen.

Ich war also völlig auf mich allein gestellt, aber ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte den Abschluss schaffen und ich wollte ihn gut machen.

Meine ersten Selbstlernversuche sahen so aus:

Ich habe meine Bücher zu theorielastigen Fächern wie BWL und Büroorganisation genommen und von vorne angefangen zu lesen. Ich habe zu jedem Kapitel selbst Fragen gestellt und diese versucht zu beantworten. Das ganze war aufgebaut wie eine Lernkartei. So habe ich theoretisches Wissen aufgebaut.

Rechnungswesen und Buchführung bin ich systematisch Schritt für Schritt durchgegangen. Ich habe mir in einer Bücherei (Internet gab es 1986 noch nicht) zusätzliche Literatur mit Übungsaufgaben und Lösungen besorgt. Ich habe die Aufgaben bearbeitet und mit der Lösung verglichen. Bei falscher Lösung habe ich das Kapitel erneut bearbeitet.

Die größte Herausforderung war Mathe! In Mathe war ich immer ein Loser (das lag aber auch nur an albernen Glaubenssätzen aus meiner Kindheit, wie mir später bewusst wurde). Ich hatte nur das Schulbuch und das enthielt keine Lösungen zu den Übungsaufgaben. Meine Vornote zum Abschlusszeugnis war eine glatte Fünf. Diese Fünf konnte ich nur noch durch eine freiwillige mündliche Prüfung ausgleichen. Eine Fünf im Abschlusszeugnis war für mich ein Alptraum, also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und meldete ich mich zur mündlichen Matheprüfung an. Ich habe mit dem Mathebuch ganz von vorne angefangen, habe jede Erklärung und jedes Beispiel versucht, durch „Denken“ logisch nachzuvollziehen. Da ich in Erinnerung hatte, dass die Ergebnisse bei den Matheaufgaben immer rund waren, musste also immer ein rundes Ergebnis rauskommen. Wenn das nicht der Fall war, habe ich so lange probiert, bis es so war. So habe ich mich durch das ganze Buch gearbeitet. UND: ICH HABE ES KAPIERT! Meine mündliche Note war eine Zwei!!!

Am Ende fiel meine mittlere Reife besser aus als mein Hauptschulabschluss und ich absolvierte eine Ausbildung als Bürokauffrau.

Nach ein paar Jahren Berufspraxis habe ich mir gesagt: „Das kann nicht alles gewesen sein!“ Da ich immer noch geglaubt habe, das Abitur nicht zu schaffen (da sieht man mal, wie sich solche bescheuerten Glaubenssätze durch das ganze Leben ziehen), habe ich nach alternativen Weiterbildungsmöglichkeiten gesucht. Ich habe ein Wirtschaftsdiplom an einer Wirtschaftsakademie gemacht und den staatlich geprüften Betriebswirt, was aber kein akademischer Grad ist. Das hat mich immer gestört, aber damals gab es den Zugang zu den Universitäten für beruflich Qualifizierte noch nicht und ich glaube, zu der damaligen Zeit hätte ich mir ein Unistudium auch gar nicht zugetraut. Weil ich mal nicht dumm sterben wollte, habe ich mich mit Weiterbildungen in Englisch, Französisch, EDV, Rhetorik etc. immer wieder verspielt.

Trotz allem habe ich berufliche Positionen erreicht, die auch FH-Absolventen inne hatten und ich habe gutes Geld verdient. Aber irgendetwas fehlte mir. Die ganzen Jahre habe ich mir gewünscht, die Zeit zurück zu drehen und beruflich von vorne anzufangen. Da ich aber niemals aufgebe, habe ich recherchiert und bin auf die Fernuni Hagen gestoßen und die Möglichkeit der Sonderzugangsprüfung. Da ich im Bildungsbereich arbeite und mir die Arbeit sehr viel Spaß macht, war der Studiengang keine Frage.

Die ersten beiden Klausuren, die Voraussetzung für die Zulassung zur Sonderzugangsprüfung waren, habe ich mit 1,7 und 2,0 bestanden und die Zugangsprüfung im Juni diesen Jahres ebenfalls.

Hürden habe ich nach wie vor zu überwinden, denn wenn man als 39jährige Frau ein Universitätsstudium beginnt, stößt man in aller Regel auf breites Unverständnis in unserer modernen, emanzipierten Gesellschaft. Die Bildungsbegrenzung lässt grüßen. Aber damit habe ich ja Erfahrung und es ruft lediglich ein müdes Lächeln in mir hervor. Meine Lernstrategien und meine Motivation sind die gleichen wie damals. Ich weiß, dass alles nur vom Interesse an der Sache und von einem starken Willen abhängt.

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